Hilfetext zur Welpenaufzucht

 

 

Plötzlich Welpen

 

Manchmal kommt es vor, dass man sich, auf welchem Wege auch immer, plötzlich der Aufgabe gegenüber sieht, Rattenwelpen aufziehen zu müssen. Dieser Text soll als kleiner Infotext dienen. Ich hoffe, er hilft euch!

 

 

Die persönliche Eignung des Menschen

 

Überlegt euch gut, ob ihr euch eine Aufzucht wirklich leisten könnt. Damit meine ich nicht nur den Finanziellen Aspekt, sondern auch eure persönliche Eignung und die privaten Lebensumstände. Dass euch ggf. Erfahrung fehlt, ist verständlich. Ihr braucht jedoch auch Platz, für Käfige, Geld für Tierarzt, einen erfahrenen Tierarzt sowie die Möglichkeit im Zweifel schnell zu jeder Zeit einen Tierarzt erreichen zu können, viel Zeit und unter Umständen müsst ihr bereit sein, Leid zu verkraften wenn Tiere sterben oder den Trennungsschmerz bei der Vermittlung zu überwinden. Sollten euch einige der genannten Punkte nicht zur Verfügung stehen, holt euch bitte Hilfe und gesteht euch ggf. ein, dass andere Menschen zu diesem Zeitpunkt schlicht besser geeignet sind, sich dieser Aufgabe zu widmen. Das Abgeben eines tragenden Weibchens in erfahrene Hände ist keine Schande!

 

 

Trächtigkeit, Geburt, Abtreibung, Kaiserschnitt, Vorbereitung

 

Zunächst einmal ist wichtig zu wissen, dass die Tragezeit 21 – 23 Tage beträgt und die durchschnittliche Wurfgröße bei ca. 10 Welpen liegt. Würfe mit bis zu 16 Welpen kommen jedoch auch öfter vor. Da das Becken der Weibchen mit voranschreitendem Alter an Elastizität verliert, gelten Würfe die nach dem ersten Lebensjahr des Muttertieres geboren werden als absolute Risikowürfe. Besonders wenn der Zeitpunkt der Deckung bzw. das Alter des Tieres unbekannt ist, tut man dem Tier eher einen Gefallen damit, den Wurf von einem Tierarzt abspritzen zu lassen als ihn von der Rättin austragen zu lassen. Besonders im Notfallbereich wird dies sogar ohne sicher vorliegende Trächtigkeit rein Vorsorglich praktiziert. Leider ist ein Abbruch im letzten Trächtigkeitsdrittel nicht mehr möglich. Sollte es zu Komplikationen kommen, hilft oft nur ein Kaiserschnitt. Das Risiko, dass die Mutter den Eingriff nicht schafft ist recht hoch, da sie oft bereits durch einsetzendes Leichengift von evtl. verendeten Föten geschwächt ist. Ein Kaiserschnitt kann je nach Tag / Uhrzeit / Arzt / Region zwischen 150 und 350 € kosten. Sollte das Muttertier den Eingriff nicht überstehen, die Welpen jedoch schon, muss dringend eine Ammenratte gefunden werden.

 

Solltet ihr nun also ein tragendes Weibchen bei euch haben, und ein Abbruch bereits ausgeschlossen sein, bereitet ihr euch darauf vor, Ratteneltern zu werden. Ihr solltet das betroffene Tier alleine in einen flachen Käfig setzen. Ein Haus, das man von oben öffnen kann, wäre dabei von Vorteil, dann braucht ihr nicht immer das Nest zerstören, um nach den Welpen zu schauen. Im Zweifel baut ihr aus einem Schuhkarton einfach den Boden raus. Ratten sind flexibel ;-)

 

Ihr könnt auch ein zweites Häuschen anbieten, jedoch ist weiteres Inventar nicht ratsam. Mütter verteidigen ihre Welpen bis aufs Blut. Ihr solltet sicher stellen, dass eure Hand sich im zweifel gut in dem Käfig bewegen kann. Auch würden auf gehangene Gegenstände dazu einladen, dass die Welpen später oben zur Welt kommen und sich durch „Aus dem Nest fallen“ verletzen.
Als Einstreu reicht das, was ihr sonst auch verwendet. Als Nistmaterial im speziellen nehmen Mädels immer gerne Papiereinstreu, Küchenrolle sowie Klopapier. Wir Menschen neigen dazu, unsere Tiere in solchen Situationen „Voll zu stopfen“ mit allem, was wir für besonders nahrhaft halten. Dies ist überaus schlecht, denn die werdende Mutter leitet alle Energie in die Welpen, die daraufhin stark wachsen und ggf. zu groß für die Geburt werden. Daher bitte unbedingt genau so „Energiearm“ füttern, wie zuvor. Wenn die Welpen später wohlbehalten zur Welt gekommen sind, dürft ihr gerne so viel mästen wie ihr wollt.

 

Wenn all diese Vorbereitungen abgeschlossen sind, könnt ihr nur noch beobachten. Bei der Geburt selber könnt ihr nichts tun. Wenn ihr Vögel zwitschern hört, wartet bitte noch min. eine Stunde, gerne auch 2 Stunden bevor ihr nachseht. Wenn ihr die Mutter aus versehen zu früh stört, könnten die Welpen vor Stress zu Schaden kommen.

 

Wenn ihr das erste Mal nach dem Nest schaut, achtet auf eure Finger. Mütter verteidigen ihre Welpen. Wenn ihr die Mutter heraus hebt, tastet bitte den Bauch vorsichtig ab. Es sollten keine Knubbel und auch kein „Ballon“ mehr zu fühlen sein. Falls doch, Mutter zurück setzen. Sollte sich auch nach weiteren 2 Stunden nichts verändert haben, bitte zum Tierarzt fahren!

 

Die Welpen dürfen von der ersten Stunde an berührt werden. Ratten nehmen sogar fremde Welpen gerne auf und stören sich nicht an fremden Gerüchen an ihren Welpen. Ihr solltet schauen, ob ihr einen weißen Fleck seitlich am Bauch findet. Das ist dann ein „Milchbauch“. Er zeigt euch, dass der Welpe bereits erfolgreich Mamas Milchbar gefunden hat. Ein gutes Zeichen! Bitte schreibt euch das Geburtsdatum auf, das wird später noch wichtig und sollte nicht zu einer „in etwa“ Angabe werden. Wenn bis hier hin alles gut gelaufen ist, gratuliere ich zum Wurf!

 

 

Aufzucht

Von Beginn an, solltet ihr die Welpen ein mal am Tag heraus holen. Sie kommen nackt, blind und halb taub zur Welt, nehmen ihre Umgebung jedoch dennoch schon erstaunlich gut war. Bastelt euch mit einem kuscheligen Handtuch eine Art „Nest“ und packt die Welpen dort immer hinein. Zu Beginn nur für 15 Min. In dieser Zeit solltet ihr auch die Bäuche kontrollieren. Die Zeit kann langsam von Tag zu Tag gesteigert werden. Mama darf mit Katzennassfutter, Babybrei, Standartfutter und Grünzeug gemästet werden. Sollten Welpen in der ersten Woche „verschwinden“ macht euch keine Vorwürfe. Das passiert einfach manchmal und ihr hättet nichts tun können. Ihr unterstützt die Mutter. Die Mutter zieht ihre Welpen auf. So ist der Deal.

 

Im Alter von ca. 14 Tagen öffnen die Welpen die Augen und kurz darauf klappen sich die Ohren ab. Außerdem sieht man bei den Weibchen seit kurzem die Zitzen. Achtung! Die Zitzen sieht man nach wenigen weiteren Tagen kaum noch, denn das Fell überwuchert sie schon bald wider. Solltet ihr die Welpen optisch nicht sicher unterscheiden können, greift bitte auf Markierungen zurück!!!! (zB. Punkt auf Schwanz malen) Nun passiert auch etwas wichtiges im Verhalten: Die Welpen beginnen herum zu laufen, zu toben und auf Dingen herum zu kauen. Nun ist ein Umzug in einen anderen Käfig mit mehr Höhe und Inventar bald möglich (Ab der 3. Woche). Außerdem beginnt ihr mit kleinen Ausläufen auf absturzsicherem Gelände. Die Verteidigungsattacken der Mutter müssten sich mittlerweile überwiegend beruhigt haben. Bitte gewöhnt die Welpen an alles, was sie kennenlernen sollten. Dazu gehört neben einer breiten Futterpalette auch, der Staubsauger, das tägliche Händling und das Boxentraining.

 

Solltet ihr nicht alle Welpen behalten können / wollen, beginnt bitte mit der Suche nach zukünftigen Herrchen und Frauchen.

 

Mit 3,5 Wochen „ploppen“ die Hoden der Jungs von der Bauchöle in den Hodensack. Bei Angst können sie die Hoden jedoch auch noch wider hinein ziehen. Dennoch ist es nun doch sehr offensichtlich, welchem Geschlecht die Welpen angehören. Im Zweifel wird euch der Tierarzt helfen können.

 

Mit 5 Wochen trennt ihr die Jungs von den Mädels. Die Mutter kann noch einige Zeit mit ihren weiblichen Welpen verbringen, die Jungs müssen jedoch fortan getrennt von Mutter und Schwestern gehalten werden. In diesem Alter sollten die Welpen ca. 100 g Gewicht aufweisen. Ein Auszug ist aufgrund der Trennung frühestens mit 5 Wochen möglich.

 

 

Vermittlung

 

Bitte achtet bei der Vermittlung darauf, dass ihr wirklich nur gleichgeschlechtliche Tiere zusammen vermittelt. Außerdem sollten die Tiere zusammen immer min. 3 ergeben. Wenn jemand zu Hause bereits ein Rudel hält, vermittelt ihm bitte mindestens 2 Welpen, damit sie zusammen spielen können und sich ein gesundes Sozialverhalten entwickeln kann. An dieser Stelle könnte ich nun auf Käfig Mindestmaße und Integration eingehen… Aber das würde den Rahmen dieses Hilfetextes bei weitem sprengen. Bitte holt euch da Rat bei erfahrenen Notfallvermittlern, Züchtern oder Tierärzten. Ein letzter Rat noch: Wenn euch eure Welpen ans Herz gewachsen sind, hört bei der Vermittlung auf euer Bauchgefühl! Wenn euch Leute oder deren Anfragen dubios erscheinen, sucht weiter nach Leuten, die euch ein gutes Gefühl vermitteln und euch und eurer Mühe offen gegenüber stehen. Viel Erfolg!